Australia 02 – Eukalyptusfeuer by Mirja Hein

Australia 02 – Eukalyptusfeuer by Mirja Hein

Autor:Mirja Hein
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
veröffentlicht: 2015-10-12T16:00:00+00:00


30

»Welche Richtung?«, fragte Gregor mit einem gewissen Bedauern über das baldige Ende des schönen Abends, als sie ins Freie traten. Doch Ava wollte partout noch nicht auf ihr Zimmer bei der Witwe Dickinson, sondern ihren Erfolg gebührend feiern. Der kleine Rausch weckte pure Lebenslust in ihr.

»Ach, können wir nicht noch etwas Verrücktes anstellen?«

»Gern, aber …« Gregor sah sich ratlos um. Die Stadt machte eher den Eindruck, als schliefe sie schon, doch dann hörte er das herannahende Pferdegetrappel der Tramwagen, die neben ihnen hielten. »Sie fährt nach Glenelg, was meinst du, wäre es verrückt genug, einen nächtlichen Spaziergang am Meer zu machen?«

»Ich kann nicht schwimmen, aber Strand, das hört sich romantisch an. Ich habe schon gehört, was das für ein netter Strandort sein soll, aber bislang hatte ich keine Gelegenheit, dorthin zu fahren«, stieß sie begeistert aus und hatte ihn bereits auf die Plattform des Straßenbahnwagens gezogen. Der Wagen war halb leer, und die Passagiere bestanden fast nur aus verliebten jungen Pärchen.

»Was wollen die denn alle noch so spät am Strand?«, fragte Ava unbedarft.

Gregors Mund umspielte ein wissendes Grinsen. »Sie wollen alle zusammen aufs nächtliche Meer blicken«, erwiderte er mit einem Augenzwinkern.

Nun fiel es Ava wie Schuppen von den Augen. Es waren alles Liebespaare, die in der Weite des nächtlichen Strands ein diskretes Plätzchen suchten. Bei dieser Erkenntnis wurde ihr ein wenig mulmig. Was, wenn Gregor ihre Bereitschaft, mit ihm an den nächtlichen Strand zu fahren, falsch verstand?

Ihre Gedanken verflogen so schnell, wie sie gekommen waren, denn Gregor war ein äußerst eloquenter Gesprächspartner, und sie unterhielten sich angeregt, bis die Tram in Glenelg hielt.

Sie sprangen mit den anderen Paaren aus der Bahn. »Ihr wisst aber, dass heute keine Bahn mehr zurückfährt. Die nächste geht morgen früh um sechs«, rief ihnen der Fahrer hinterher.

Gregor blieb abrupt stehen. »Hast du das gehört? Wenn wir jetzt an den Strand gehen, kommen wir erst morgen früh wieder weg. Ich weiß nicht, ob dir das recht ist. Ich meine, wo du doch nun verlobt bist.«

Ava musterte ihn erschrocken. »Du weißt von Daniel?«

Er zuckte die Achseln. »Professor Tyler hat mir gesteckt, dass er euer Trauzeuge sein wird.«

»Aber … ich … ich meine, du bist trotzdem so nett zu mir?«

»Solange du keinen Ring am Finger trägst, gebe ich nicht auf.« Er sah ihr tief in die Augen. »Es wird dich kaum überraschen, wenn ich dir jetzt sage, dass ich alles tun würde, dein Herz zu gewinnen.« Er näherte sich ihrem Gesicht und küsste sie zu ihrer großen Verwunderung auf den Mund. Ava war so überrumpelt, dass sie sich nicht wehrte. Im Gegenteil, es tat gut, jemanden zu küssen, der das im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte tat, während sie ein klein wenig berauscht war, wenn auch auf keinen Fall so sehr, dass sie diesen Kuss einfach würde vergessen können. Und sie spürte eine gewisse Befriedigung bei dem Gedanken, ihren zukünftigen Mann ein klein bisschen zu betrügen. Schließlich heiratete er sie nur aus Vernunftgründen.

»Liebst du dieses Pianisten-Genie?«, fragte er sie lauernd.

»Ja, er ist der Mann meines Lebens«, erwiderte sie mit klarer Stimme.



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